Fortsetzung der Reise von Rolf Blickle durch die Ukraine. Teil 2: Lviv (Lemberg).
Lemberg
Ihor Matushevsky vom Volodymyr-Fonds hat ein intensives Programm für mich zusammengestellt. Neben vielen Besuchen war auch eine «Vorbeifahrt» am einige Tage zuvor zerstörten Wohnblock dazu. Dieser liegt ca. 300 m neben einer Militärakademie in der viele Armee-Angehörige tätig sind. Sie war das Ziel: Opferzahlen: 10 Tote und 40 Verletzte, schrecklich. Und dann zeigt mir Lesja auch noch die düstere Fahne, welche die Tochter für den verstorbenen Soldaten-Sohn aufhängte.
Städtisches Altersheim Lviv
Der Besuch des Altersheims, für welches wir einen kleinen Bus finanzieren konnten im Frühjahr 23 war gesetzt. Es wird seit 2 Monaten von einer neuen Direktorin, Frau Eteria Paseka, ursprünglich aus Armenien, geleitet. Die warmherzige Frau spaziert mit uns durch das Anwesen, grüsst hier und dort und nennt als ihr wichtigstes Anliegen, dass hier für die 380 BewohnerInnen und das Personal eine gute Atmosphäre herrsche. Angestellt sind 178 Personen, 30 Stellen sind vakant und es arbeiten auch 15 durch den Krieg Verletzte mit. Ihor und ich sind erfreut über die Begegnung, und «inspizieren» mit dem Chauffeur den von uns finanzierten Bus (Bild). Der alte Bus war mehr als schrottreif und die monatlich 900 gefahrenen km verweisen auf einen grossen Bedarf.
Das Lager.
Es befindet sich immer noch am gleichen Ort. Die Waren des letzten Transportes sind schon fast alle verarbeitet. Das heisst, die verschiedenen Häuser sind «thematisch» geordnet: Möbel, Spitalsachen-Infrastruktur (Rollstühle, Röntgenlampe!, Betten), Textilien, Lebensmittel, Kinder, Medizininisches (Medikamente usw.). Für letzteres ist Bogdan, ein Pharmazeut, verantwortlich. Er arbeitet nach folgenden Hauptkriterien: Hygiene, Verband, Medikamente, Orthopädie.
Normalerweise arbeitet das Team (Ihor, Lesja die Aeltere, Lesja 2, Alex und Bogdan) von 10 bis mindestens 13 h im Lager. Anschliessendend geht’s zum Mittagessen ins Büro. Die Waren werden wo nötig (oft) sorgfältig verpackt und angeschrieben. Viel wird zur Zeit in die Kriegsgebiete (befreite Zonen, Nähe Frontline), geschickt. Unzählige Partner arbeiten da zusammen. Private, neue Netzwerke, regionale Rotkreuz-Gesellschaften (inkl. Mykolajev im Süden). Das Büro, sozusagen das Herz des Volodymir-Fonds. Hier wird gearbeitet, auch gegessen, ebenso findet eine medizinische Beratung statt. Die Arbeit des Fonds wird unter der website gut dokumentiert (dreisprachig), soweit ich das beurteilen kann.
Die städtisch-universitäre Zahnklinik
Rund zwei Drittel der gelieferten Praxis aus Hinterkappelen sind wieder installiert. Der grosse Effort hat sich gelohnt. Hier einige Bilder:
Der Mittagstisch.
Meine Hauptgesprächspartner waren Nadja, die Leiterin, Vater Sebastian – der spirituell/seelsorgerliche Begleiter. Ich sprach in der grossen Wohnung an der Lysenko Strasse Nr. 5 Die Fakten: Nach den schwierigen Covid-Zeiten wird nun dieses Jahr wieder für 23 Kinder und 2 ältere Frauen wöchentlich ein Lebensmittelpaket an arme Familien abgegeben. Früher assen die Kinder noch dort, das fällt jetzt im Krieg weg. Auch ein Sommerprogramm ist Teil der Hilfe an die Familien, die aus verschiedensten Milieus stammen, vermittelt von der Kirche, von Sozialdiensten, Schulsozialarbeitern, von der Mariengesellschaft (welche offenbar durch die Aufforderung von Heiner Vogt gegründet wurde). Das macht für 52 Woche also 1050 Rationen aus. Für viele der Betroffenen eine nicht nur willkommene, sondern auch rettende Hilfe. Das Alter reicht von 4 – 18 Jahren, in den vergangenen 20 Jahren waren es 287 verschiedene Kinder, oftmals gehen die Kontakte auch nach der Hilfe weiter. Einige von ihnen sind jetzt auch im Ausland. Wegen des Krieges wird manchmal auch eine doppelte Portion abgegeben, die dann für zwei Wochen reichen muss. Die abholenden Kinder kommen jeweilsam Freitag. Sie verstehen sich auch ein wenig als Teil «einer Familie».
Rolf Blickle